Leben und Engagement in Zeiten von Corona

Nicht nur die Lehre und das Lernen im Studium war von der Corona-Krise betroffen, auch alle anderen Lebensbereiche, wie das ehrenamtliche Engagement und Projekte, aber auch die Familie, wurden davon beeinflusst. Erfahren Sie wie die Auswirkungen auf unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten waren.


„Ich interessiere mich sehr für die Tätigkeit einer Seelsorgerin. Daher hatte ich dieses Semester das Ziel, herauszufinden, ob mir dieser Bereich der Praktischen Theologie liegt und ob ich mich dort in Zukunft engagieren Text Nora Piepenschneider_Bildmöchte. Aus diesem Grund habe ich ein Praktikum bei einem Pastor begonnen, der in der Krankenhausseelsorge tätig ist. Leider musste ich mein Praktikum aufgrund der Corona-Krise nach nur einer Woche beenden. Daraufhin habe ich mich entschieden, das Seminar „Seelsorge lernen – konzeptionell und praktisch“ zu belegen. Der praktische Teil besteht, der derzeitigen Situation angemessen, aus Geburtstagsanrufen. Jede Woche rufe ich verschiedene Senior*innen an und nehme mir Zeit für ihre Probleme, Sorgen oder einfach für eine schöne Unterhaltung. Gerade Senior*innen sind von der Krise stark betroffen und es ist häufig schwer, dass ihre Familien sie am Geburtstag gar nicht oder nur eingeschränkt besuchen dürfen.“

Nora Piepenschneider, 6. Semester, Evangelische Theologie


„Besonders schade ist, dass unser Verein „Inklusive Traum-WG e.V.“ in Göttingen sich momentan nicht zu Stammtischen und Unternehmungen treffen kann und auch die Suche nach einer für uns passenden Immobilie erschwert wird. Wir möchten in Göttingen zunächst eine, später gerne mehrere Wohngemeinschaften gründen, in denen Menschen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe zusammenleben. Uns ist wichtig, dass dabei alle in ihrer Selbstständigkeit bestärkt werden und der Spaß nicht zu kurz kommt. Ich denke, dass unter anderem Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben, unter den Auswirkungen der Pandemie zu leiden haben und wünsche mir sehr, dass es bald einen weiteren Schritt Richtung Normalität gibt.“

Anna Luisa Panten, 4. Semester, Molecular Ecosystem Sciences


„Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass meine Lebensgefährtin ihren Studijob verloren hat, was sie natürlich vor finanzielle Probleme stellt. Bisher reichen ihre Rücklagen, aber es beruhigt mich sehr, dass ich sie notfalls auch finanziell unterstützen könnte, nicht zuletzt durch das Stipendium. Hierzu möchte ich anmerken, dass die Hilfen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nicht ausreichend sind und zudem viel zu spät kommen. Wenn Sie, liebe Fördernde, Einfluss auf die Politik haben, üben Sie diesen gerne aus, ich würde mich freuen.“

Vincent Peter Nikolaus Wolff, 4. Semester, Mathematik


Sören Frederik Bock

 

„Mein Engagement in dem studentischen Verein Conquer Babel e.V. wurde durch die Corona-Pandemie stark beeinflusst. Unsere Nachhilfe beim Deutschlernen für Geflüchtete mussten wir auf (Video-) Telefonie umstellen, was uns einige Kreativität abverlangte, größtenteils aber sehr gut geklappt hat. Auch unsere Mitgliedertreffen halten wir nun online ab – diese persönlichen Treffen fehlen mir natürlich genauso wie das persönliche Treffen meiner Freunde.“

Sören Frederik Bock, 6. Semester, Humanmedizin


Story Michael Brandt Bild

„Ein Großteil der Projekte musste leider abgesagt werden, weil ich sehr international arbeite. Unter anderem sollte eine Band aus meiner Heimatstadt Braunschweig in die israelische Partnerstadt zu einem Festival fahren. Daraus wurde leider nichts, aber wir haben uns das fest für das kommende Jahr vorgenommen. Internationale Zusammenarbeit scheint mir gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je. Deswegen halte ich den Kontakt zur Partnerstadt und Freuden sowie Kollegen, um über die Lage informiert zu bleiben und uns über mögliche Online-Projekte auszutauschen. Eventuell möchten wir eine Spendenaktion für ein Seniorenzentrum in Israel ins Leben rufen, das momentan auf seine übliche Arbeit verzichten muss, aber Senioren, unter ihnen Shoa-Überlebende, mit Essen und Einkäufen versorgt. Dadurch entsteht ein Finanzbedarf.“

Michael Brandt, 4. Semester, Master Politik: Strukturen und Grenzen


„Meine ehrenamtliche Arbeit als Mitglied des Vorstandes in der Grünen Jugend Göttingen hat viele Veränderungen erfahren. Wir machen die Arbeit ausnahmslos digital und konnten so auch einige Projekte verwirklichen. Zum Beispiel habe ich mehrfache digitale „Feministische Frühstücke“ organisiert, bei denen sich Frauen über ihren Alltag, insbesondere auch bei Corona, austauschen konnten. Wir haben politische Bildungsangebote organisiert mit verschieden Inputs von Spezialist*innen oder anderen politischen Organisationen, zum Beispiel zum Asylverfahren oder zur Mobilität. Außerdem stehen wir digital im Austausch mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen und anderen Ortsgruppen, um uns auf die Kommunalwahlen, die im Herbst 2021 in Göttingen anstehen, vorzubereiten.“

Leonore Merth, 5. Semester, Rechtswissenschaften


Story Jan Berendsen Bild

 

„Neben dem Studium leite ich das Projekt „Honigfarm“ bei Enactus e.V. Das Ziel unseres Projektes ist die Bekämpfung von Armut von Kakaobauern in der Elfenbeinküste. Diese leiden unter einem Rückgang der Ernteerträge, hauptsächlich verursacht durch den Klimawandel. Die Zeit, die wir durch den verspäteten Semesterstart gewannen, konnten wir gut in unser Projekt investieren. Wir bewarben uns beispielsweise für den Lift-Off Gründungswettbewerb, mit dessen Preisgeldern wir schon bald die ersten Kakaobauern im Rahmen unserer Projektidee aktiv unterstützen könnten.“

Jan Berendsen, 6. Semester, Volkswirtschaftslehre


„Das Plenum der Amnesty International Hochschulgruppe findet nun online statt. Dort engagiere ich mich im Arbeitskreis zu LGBTIQ* Rechten. Durch die Story Ellen Brühl BildCorona-Krise wurden neue Zugänge zu Online-Veranstaltungen der politischen Bildung geschaffen. Da ich vor der Corona-Krise gerne zu Lesungen, Diskussionen und Vorträgen gegangen bin, war ich froh Angebote wie die der Bildungsstätte Anne Frank auf YouTube zu finden, wo aktuelle gesellschaftspolitische Themen diskutiert werden. Mir ist es wichtig, mich über Lebensrealitäten von Menschen, die gesellschaftlich marginalisiert werden, zu bilden, diese Perspektiven zu zentrieren und die verschiedenen Diskriminierungsformen und Machtstrukturen unserer Gesellschaft sichtbar zu machen.“

Ellen Brühl, 6. Semester, Politikwissenschaft und Geschlechterforschung


Stoy Henriette Huschka

„Die meiste Zeit während des digitalen Studiums verbracht ich bei meiner Familie zu Hause; so war ich nicht alleine und konnte nebenbei noch ein wenig meiner kleinen Schwester mit ihren Schularbeiten helfen und für meine Großeltern kochen. Es war seit neun Jahren das erste Mal, dass ich längere Zeit bei meinen Eltern wohnte und es war anfangs eine große Umstellung, doch war es auch eine sehr schöne Zeit mit meiner Familie, die ich sonst wahrscheinlich nicht mehr in so einem zeitlichen Umfang verbringen könnte. Mein Plan, während dieses Sommersemesters 2020 meinen Kommilitonen Akupunktur anzubieten, konnte leider auch nicht stattfinden, jedoch übte ich weiterhin an meinen Eltern, um in der Praxis zu blieben. Mein Stipendiengeld habe ich dieses Semester gespart, um wieder an Akupunkturkursen teilnehmen zu können, wenn hoffentlich bald wieder welche starten.“

Henriette Huschka, 9. Semester, Humanmedizin


„In den vergangenen Semesterferien habe ich begonnen auf kleinen ökologischen, von Familien geführten landwirtschaftlichen Betrieben freiwillig zu helfen. Ich sehe dies einerseits als Möglichkeit Einblicke in alternative Story Julia Gries BildLebensweisenzu erhalten und über Nachhaltigkeit und die Natur zu lernen. Andererseits bietet sich so eine Abwechslung zum studentischen Alltag und ich kann neue Kraft für das kommende Semester schöpfen. Zuletzt habe ich auf einem kleinen Hof im Osten von Polen geholfen, doch musste meinen Aufenthalt aufgrund der beginnenden Infektionswelle früher als erhofft beenden. Zurzeit beginne ich mit vorsichtigen Planungen für den Herbst und stehe in Kontakt mit einer Familie in Ungarn, die ebenfalls einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Vielleicht lässt die Situation in den nächsten Monaten einen Besuch bei ihnen zu. Außerdem hatte ich begonnen, für das kommende Jahr ein Auslandsemester in Indien zu planen. Doch auch diese Pläne stehen zurzeit hinten an.“

Julia Gries, 2. Semester, Biochemie


„Zu Beginn der Krise habe ich sämtliche Baumwollstoffe, welche ich in meinen Stoffkisten finden konnte, zu einem großen Haufen Masken vernäht und diese an den Landkreis Göttingen gegeben, welcher die Masken an diverse Einrichtungen mit Maskenbedarf weitergibt. Meine Motivation? Ich kann nähen und habe Spaß daran. Wenn ich dies auch noch nutzen kann, um etwas Gutes zu tun, dann ist das Motivation genug.“

Marina Bormann, 6. Semester, Kunstgeschichte


„Ich habe ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Behindertenhilfe gemacht und arbeite weiterhin während meiner freien Zeit in meiner Einsatzstelle. Mir sind die Menschen, die ich während meines FSJ betreut habe, ans Herz gewachsen und mir macht die Arbeit so einfach Spaß. Mir kommt es nicht unbedingt vor wie Arbeit, sondern eher so, als würde ich mich mit Freunden treffen. Außerdem helfe ich, den Kindergottesdienst in meiner Kirchengemeinde mitzugestalten. Als Kind war ich selbst regelmäßig dort, und da es mir immer gefallen hat, möchte ich das gerne weitergeben.“

Jorina Hilbert, 2. Semester, Humanmedizin