Stipendiatinnen und Stipendiaten stellen sich vor

Lotte FehmarnVogelbeobachtung auf Fehmarn

Während manche meiner Kommilitonen in den Wintersemesterferien den Schnee in den Alpen genutzt haben, war ich auf Fehmarn, einem der sonnigsten Plätze Deutschlands, für ein vierwöchiges Praktikum. An der Westküste Fehmarns liegt das 300 Hektar große Vogelschutzreservat Wallnau mit einer relativ großen Nabu-Station. Dort sind mehrere Freiwillige und Praktikanten untergebracht. Das Leben in der 15 Personen WG kann sehr wuselig, aber auch sehr erfüllend sein. Morgens wurden alle Aufgaben zugeteilt, mittags haben sich alle zum Essen getroffen und abends wurde sich nicht selten zu einem gemeinsamen Lagerfeuer oder Sonnenuntergangsbaden getroffen. In den ersten Tagen haben die Praktikanten eine kurze Einweisung in die Flora und Fauna, die Landwirtschaft und geologische Geschichte Wallnaus erhalten. Danach waren wir auch für Besucherführungen, Vogelkartierungen, Weidenkontrolle (es werden Galloways zur Beweidung genutzt) und praktische Naturschutzarbeit wie das Auslegen einer Fuchsschnur zuständig. Es war eine willkommene Abwechslung zum theorielastigen ersten Semester meines Biologiestudiums in Göttingen, die flache Insel lädt zu großen Radtouren ein und ich hab noch nirgendwo in Deutschland einen so klaren Sternhimmel gesehen. Natürlich ist die Zeit viel zu schnell vorbeigegangen, aber ich werde auf jeden Fall zurückkommen (spätestens bei der Zugvogelkartierung).

Lotte Clausnitzer studiert Biologie im 2. Semester.


Meine Teilnahme am Vis Moot 2023/2024Gero Mood Court

Nachdem ich im Wettbewerbsjahr 2022/2023 selbst am Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot (kurz: Vis Moot) teilgenommen habe, wurde mir dieses Jahr die Möglichkeit eröffnet, das Team der Universität Göttingen fachlich und organisatorisch als einer von drei „Coaches“ zu betreuen. Zuvor allerdings eine kurze Einführung: Moot Courts – also simulierte Gerichtsverhandlungen – sind in vielen Ländern bereits fester Bestandteil der juristischen Ausbildung. In Deutschland bilden sie dagegen noch ein neueres Phänomen, das sich allerdings immer größerer Beliebtheit erfreut. Der größte und prestigeträchtigste Wettbewerb auf dem Gebiet des Zivilrechts ist hierbei der englischsprachige Vis Moot, bei dem jedes Jahr fast 400 Juristische Fakultäten aus aller Welt jeweils ein Team aus höchstens sechs Studierenden entsenden, die in Wien und Hongkong in mündlichen Verhandlungen gegeneinander antreten. Ausgangspunkt bildet dabei eine fiktive Schiedsklage, die auf dem UN-Kaufrecht basiert. Für ein halbes Jahr befassen sich die Teams mit dieser Klage und fertigen zunächst Schriftsätze an, bevor es zu Verhandlungen kommt.

Nachdem wir im Sommer 2023 ein Team aus hochmotivierten Studierenden zusammengestellt hatten und schließlich im Oktober 2023 die Fallakte online gestellt wurde, galt es über die Eckpunkte des diesjährigen Falls zu grübeln: Künstliche Intelligenz, ein Hackerangriff und 37 Mio. US-Dollar, die zum Leidwesen des Klägers auf ein falsches Konto überwiesen wurden. Durch viele interne Diskussionen mit uns Coaches sowie den Professoren kam das Team nach und nach auf die entscheidenden Argumente und so reichten wir schließlich im Dezember unseren Klägerschriftsatz bei der Turnierleitung ein. Bereits wenige Tage später erreichten uns die uns zugelosten Schriftsätze der Middlesex University Dubai und der Chulalongkorn University aus Thailand, auf die wir – nun als Beklagtenvertreter – antworten mussten.

Nachdem das Team im Januar 2024 auch die beiden Beklagtenschriftsätze eingereicht hatte, starteten die Teilnehmenden (die „Mooties“) in die mündliche Phase des Wettbewerbs und begannen, ihre Plädoyers auszuarbeiten. Dabei hatte das Team immer wieder Probepleadings, in denen die Wettbewerbssituation gegen andere Teams simuliert wurde. Diese fanden mal bei Kanzleien, mal online oder bei anderen Universitäten statt. Fast täglich übten wir auch untereinander.

Im März 2024 war es dann schließlich so weit. Zuerst reisten wir nach Hongkong, wo wir gegen vier asiatische Teams antraten. Daneben konnten wir am vielfältigen Rahmenprogramm des Wettbewerbs teilnehmen und dabei Hongkong als Stadt entdecken. Beim Abschlussbankett wurden wir dann noch einmal überrascht: Das Team der Universität Göttingen wurde für beide eingereichten Schriftsätze geehrt (top 5%). Zudem erhielt eines unserer Teammitglieder eine individuelle Auszeichnung. In Wien wurden wir bei den Pleadings gegen Universitäten von vier verschiedenen Kontinenten von vielen Göttinger Alumni des Teams unterstützt. Davon beflügelt setzten wir uns in der Vorrunde durch und schafften es in die Runde der besten 64 von knapp 400 Teams. Außerdem erhielt auch unser in Wien eingereichter Schriftsatz eine Auszeichnung.

In der Rückschau war der Willem C. Vis Moot für das ganze Team mehr als ein universitärer Wettbewerb. Das Team hat sich ein halbes Jahr lang intensiv mit neuen Themenfeldern auseinandergesetzt, das Argumentieren in englischer Sprache geübt und auf dem Weg eine Vielzahl neuer Kontakte geknüpft, die den eigentlichen Moot sicher überdauern werden. Insbesondere für mich als Coach war es eine ganz besondere Erfahrung, dem Team mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und die rasante Entwicklung der Mooties mitzuerleben. Außerdem war es eine Freude, viele Freunde und Bekannte aus dem letzten Jahr wiederzutreffen, die dem Moot Court – ebenso wie ich – als Unterstützer verbunden geblieben sind. Schließlich freue ich mich schon darauf, dem Team für den kommenden Wettbewerbsdurchgang (2024/2025) erneut als Coach erhalten zu bleiben.

Gero J. Mimberg (zweiter von links im Bild) studiert Rechtswissenschaften im 8. Semester.


Sarah WehbeWas wäre Deutschland ohne die Gastarbeiter:innen?

Wir sind der gemeinnützige Verein „Teller ohne Rand e.V.“. Unsere Vereinsmitglieder sind zwischen 18 und 30 Jahre alt und arbeiten zum größten Teil ehrenamtlich. Als junger, diverser Verein sind wir seit 2016 im Bereich der politischen Bildung und Demokratievermittlung für Jugendliche aktiv. Wir glauben an gesellschaftliche Veränderungen durch Bildung und wollen mit unserer Tätigkeit einen Beitrag zu einer demokratischen, toleranten und vielfältigen Gesellschaft leisten, in der Rassismus und andere Formen von Diskriminierung in den Köpfen junger Leute erst gar nicht entstehen. In unserem neusten Projekt tauchen wir ein in das Leben und die Hintergründe der ersten Generation der Gastarbeiter:innen in Deutschland und stellen uns die Frage, welche Bedeutung diese „Pioniere der ersten Stunde“ für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben haben. Die 14 Millionen Gastarbeiter:innen, die nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland kamen, um das Land wieder aufzubauen, sind ein elementarer, aber häufig vergessener Teil der deutschen Geschichte.  Die meisten kehrten nach einigen Jahren zurück, doch einige waren längst heimisch geworden und sollten die deutsche Gesellschaft prägen. Denn seit den Anwerbeabkommen in den 1960er Jahren gehört das vielfältige und multikulturelle Zusammenleben in Deutschland für uns zum Alltag. Die „Gleis 11 – Workshopreihe“ war in drei Phasen aufgeteilt.

Phase 1 Aktivierungsworkshops: Pro Jahr fanden 15 Aktivierungsworkshops mit jeweils ca. 100 Teilnehmenden statt. Der 3-stündige Workshop beginnt mit der Vorführung des Kinofilms „Gleis 11“. Die Themen „Gastarbeit und vielfältige Gesellschaft“ wurden anschließend im Rahmen eines interaktiven Workshops vertiefend diskutiert und führten abschließend zu den beiden demokratietheoretischen Kernfragen: Was bedeutet „Identität“ in einer multikulturellen Gesellschaft? Und was hält uns als Bürger:innen Deutschlands – trotz vielfältiger Herkunftsbiographie – letztlich zusammen?

Phase 2 Kreativ-Werkstatt: Interessierte Jugendliche hatten anschließend die Möglichkeit, ein eigenes Kreativ-Projekt zum Thema „Gastarbeit, Vielfalt und Integration“ umzusetzen. Hierbei handelte es sich z.B. um einen Kurzfilm, Musik, Kunst, Tanz, Theater oder um Poetry – der Kreativität und Phantasie waren hierbei keine Grenzen gesetzt. Bei der Umsetzung ihrer kreativen Ideen wurden die Jugendlichen von unseren Kooperationspartnern (verschiedene Künstler:innen, Musiker:innen sowie der Produktionsfirma „cocktailfilms GmbH“) professionell unterstützt.

Phase 3 Gala-Event : Am Ende der Projektreihe wurden alle fertiggestellten Kreativ-Projekte der Jugendlichen im Rahmen einer Gala-Veranstaltung präsentiert und gekürt. Die öffentliche Galaveranstaltung, auf der auch Politiker:innen, Prominente und Pressevertreter anwesend waren, wurde auch dazu genutzt werden, um das Engagement und die Unterstützung der Förder- und Kooperationspartner (BAMF, Stadt Mönchengladbach uvm.) zu würdigen und ihnen öffentlich zu danken.

Unten finden Sie den Link zur Pressemitteilung unserer Gala Veranstaltung, den Film Gleis11 und unsere Sozialen Netzwerke.

https://rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/moenchengladbach-gala-gleis-11-vom-verein-teller-ohne-rand-in-haus-erholung_aid-108809395

https://www.zdf.de/phoenix/dokumentationen/phoenix-gleis-11-104.html

https://www.instagram.com/tellerohnerand/

Sarah Wehbe studiert im 9. Semester Medizin.


Der 31. Vojtěch-Jarník-Mathematikwettbewerb: Ein ReiseberichtBild1

Die Studierendenschaft der Mathematikfakultät berichtet von einer Erkundungsreise: Zum ersten Mal in der 31-jährigen Geschichte des Internationalen Vojtěch-Jarník -Mathematikwettbewerbs nahm auch ein Team aus Göttingen teil.

“Motivation und Vorbild für die Organisation der Fahrt war Prof. Chenchang Zhu, die mit ihrem Seminar für uns Studierende eine Fahrt zur IMC, dem größten universitären Mathematikwettbewerb, ermöglicht. Ich wünschte mir nach dieser tollen Erfahrung, dass unsere Fakultät auch diesen traditionsreichen tschechischen Wettbewerb besucht.” berichtet Lennart Finke, ein Mathematikstudent und der Delegat des Teams. Schnell fiel die Entscheidung, zusammen mit den KommilitonInnen Johanna Kratz, Márton Kókai und Male Hesse, die sich alle drei regelmäßig durch ehrenamtliches Engagement bei der Mathematikolympiade Niedersachen hervortun, die Reise anzutreten. Möglich machten den Entschluss aber erst großzügige Firmensponsoren – die Prof. Schumann GmbH und die TNG Consulting GmbH – indem sie zusammen die Kosten übernahmen. Beide Firmen bieten spannende Einstiegsmöglichkeiten für Göttinger MINT-Studierende und sind regelmäßig auf der Göttinger Karrieremesse vertreten — ein Besuch dort oder und im Netz (https://www.tngtech.com sowie https://prof-schumann.com) kann sich also lohnen.

Einige Wochen Vorbereitung und zwölf Zugstunden später fanden sich unsere KandidatInnen dann im Veranstaltungsort Ostrava (auf Deutsch auch Ostrau) ein, um schon am nächsten Morgen eine mit harten Nüssen gespickte Klausur zu absolvieren. Die Aufgaben stammen dieses Jahr aus den Bereichen der reellen Analysis, linearen Algebra, Zahlentheorie sowie Graphentheorie, wobei jeweils kreative Lösungsansätze kombiniert mit fundiertem Wissen unabdingbar waren. Aus der Korrektur der Klausuren bezeugt Jurymitglied Lennart Finke zum Beispiel clevere Anwendungen von Sätzen wie Stolz-Cesàro, Cayley-Hamilton oder schlicht dem Handschlaglemma. Mehr Informationen inklusive der diesjährigen Aufgaben gibt es unter https://jarnik.osu.cz.

Das Ergebnis kann sich ebenfalls sehen lassen: Male Hesse erreichte den siebten Platz in der Kategorie für erfahrene Studierende, mit der höchsten Punktzahl unter den weiblichen Teilnehmerinnen und der zweithöchsten unter den deutschen Teilnehmenden.

“Wir konnten viele Kontakte knüpfen, unter anderem zu TeilnehmerInnen und TeamleiterInnen aus Polen, Schweden, Spanien, Ungarn und Bulgarien. Gemeinsam erkundeten wir dann Ostrava und erklommen den modernistischen Stadthallenturm aus dem Jahr 1930.  Dabei konnten wir uns einen besonderen Einblick in die Stadtgeschichte verschaffen; die tschechische Gastfreundschaft beeindruckte uns mit kostenfreien und gestochen scharfen Ferngläsern an der Spitze.

Unter anderem konnten wir damit die vielen Kohle- und Stahlwerke von oben betrachten, die den Strukturwandel von der sogenannten schmutzigsten Stadt Europas zu einem grünen, lebhaften Kulturzentrum bezeugen”, fassen die Studierenden zusammen.

Die Fahrt steht vor dem Hintergrund eines kleinen Trends zu ähnlichen universitären Wettbewerben; dieses Jahr fand an der Universität Wien zum ersten Mal die Vienna Student Mathematics Competition statt. Und wer kann es schon sagen – vielleicht findet sich bald auch dort eine Delegation aus Göttingen ein.

Lennart Finke studiert Mathematik im zweiten Mastersemester. Auf dem Bild: Hugo Bäckmann (Gothenburg), Johanna Kratz (Göttingen), Márton Kókai (Göttingen) und Male Hesse (Göttingen).